Dem Tod ins Auge geschaut (Emitl Holliger, Schweiz)

Emil Holliger

Emil Holliger hat dem Tod im wahrsten Sinne des Wortes ins Auge geschaut. Sein Lebensweg zeugt von Heilung und der Gnade Gottes. Das will er auch andere Menschen wissen lassen.

Von Janine Anliker

Mit drei Geschwistern wuchs Emil Holliger in Oberkulm im Kanton Aargau auf. Er war sechs Jahre jung, als ihn der Jähzorn befiel. Besonders seine Geschwister hatten schwer darunter zu leiden: Dem einen Bruder brach er den linken Arm. Dem anderen Bruder hackte er mit einem Beil beide Daumen ab (die Ärzte konnten sie wieder annähen) und stiess ihm ein andermal einen Füllfederhalter durch den Arm. Seine Schwester stellte er so lange auf den Kopf, bis sie blau anlief – und gestorben wäre, wäre die Mutter nicht rechtzeitig eingeschritten. Umso grösser ist das Wunder, dass dieser Jähzorn so plötzlich verschwand: Denn kaum hatte Emil als 16-Jähriger seine Stelle bei der Schweizerischen Post in Basel angetreten, war sein Jähzorn weg. Für den damals ungläubigen Emil purer Zufall – heute nennt er es ein Geschenk Gottes.

Scheidung und Wiederheirat

Emil heiratete und kam zum ersten Mal in Kontakt mit dem christlichen Glauben. Kaum hatte er sein Leben Jesus anvertraut, wurde Emil mit dem Thema Taufe konfrontiert. Doch für Emil war klar, dass er für Jesus nicht ins Wasser geht! Seine Frau und seine Freunde blieben unbeeindruckt von Emils Stolz und hörten nicht auf, ihn zu bestürmen. Als Emil die vielen Diskussionen satt hatte, liess er sich taufen. «Und dann», erzählt er, «passierte etwas Besonderes: Als ich bei der Taufe aus dem Wasser hochkam, merkte ich, dass ich nun ein anderer Mensch war. Es war wie bei einem Fass, dem man den Zapfen unten herauszieht und das dreckige Wasser herausläuft und immer weniger wird.» Seine damalige Frau drehte Gott nach einigen Jahren den Rücken zu und stellte Emil das Ultimatum: Jesus oder sie. Emil entschied sich für Jesus. 1997 wurde die Ehe nach 21 Jahren geschieden. Doch Gott schrieb eine neue Liebesgeschichte in Emils Leben: Am 20. April 2002 heiratete er seine jetzige Frau Hanny. Auch sie kam aus einer gescheiterten Ehe. Bevor die Hochzeitsglocken jedoch läuten konnten, mussten die beiden auf Bestehen ihres Pastors ihre vergangenen Ehen aufarbeiten und bereinigen. Es folgte ein Jahr intensiver Seelsorge mit vielen Tränen und Bekenntnissen.

Tod vor Augen

Acht Monate nach ihrer Heirat wurde Emil als Notfall ins Krankenhaus eingeliefert. Diagnose: schwere Vergiftung, 42 Grad Fieber, rechte Herzklappe kaputt, 20 Prozent der Hirnzellen zerstört! Eine Stunde später und Emil wäre tot gewesen, sagte der Arzt. 16 Tage lag er im Koma auf der Intensivstation und erhielt alle möglichen Antibiotika gegen die Vergiftung. Emil hat keine Erinnerungen mehr daran, wie er auf die Intensivstation kam oder was die Ärzte machten. Er weiss hingegen noch ganz genau, dass er im Koma eine sehr intensive Zeit mit Jesus erlebt hat; und was er da gesehen hat, wird er nie mehr vergessen: «Gott stellte mich auf einen hohen Felsen und sagte ‹Merke dir, was du siehst!› Ich sah eine grüne Wiese voller Blumen unter mir. Plötzlich tat sich der Boden auf und das Totenreich war zu sehen. Aus diesem schwarzen Loch kam eine schwarze Gestalt mit weisser Fratze empor. Der Tod schwebte einen Meter vor mir in der Luft und grinste mich an. Er schaute mir in die Augen und sagte: «Komm mit mir in mein Reich. Ich nehme dich mit, dann ist alles vorbei.» Ich bekam Angst und schrie: «Jesus hilf mir!» Und dann stand Jesus plötzlich zwischen mir und dem Tod. Jesus sagte zu mir: «Emil, habe keine Angst, du bist mein Kind, niemand kann dich aus meiner Hand reissen! Ich brauche dich noch in dieser Welt, damit du Zeugnis geben kannst, über das, was du hier gesehen und gehört hast. Du gehörst zu mir.» Jesus umarmte mich und der Tod verschwand in sein Loch zurück. Die Erde schloss sich wieder. Der Arzt sagte später zu Emil, dass sie lange um ihn kämpfen mussten, denn er schien dem Tod näher als dem Leben.

Glaube, der trägt

Während dem Eingriff durfte Emil ausserhalb seines Körpers sein und in den Armen Jesu ruhen und zuschauen, wie die Ärzte sein Herz operierten. Beim letzten Fadenstich, kehrte er wieder in seinen Körper zurück. Als Emil nach 16 Tagen aus dem Koma erwachte, konnte er weder lesen noch schreiben – er erinnerte sich nicht mal mehr an seinen Namen. «Ich musste alles neu lernen. Das Einzige, was ich wusste, war, wie man betet.» Das tat er immerzu – und konnte daraus viel Kraft und Hoffnung schöpfen. Nach einigen Tagen wurde er dann am Herzen operiert. Noch während dieser Operation erlitt er zwei epileptische Anfälle. Doch er sollte leben. Emil blieb weitere Wochen im Spital. In dieser Zeit fragte ihn die Oberschwester, weshalb er trotz der starken Schmerzen so glücklich sei. Woher nähme er bloss die Kraft, Freude und Zuversicht, dass er wieder gesund werde? Emil erzählte ihr von Jesus und seinem Glauben. Und diese Oberschwester war nicht die Einzige, die davon erfahren durfte. Emil bekam einen 87-jährigen Zimmergenossen, der ständig schimpfte und fluchte. Zwei Tage lang, dann war es Emil zu viel und er forderte den Mann auf, damit aufzuhören und stattdessen zu beten. Der Mann war perplex, wollte aber wissen, wie das gehe. «Und so beteten wir jeden Tag gemeinsam vor jedem Essen, bevor wir aufstanden und zu Bett gingen. Und vergass ich es mal, sprach er mir ins Gewissen», erzählt Emil mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

Die Schmerzen drücken

Doch die Zeit im Krankenhaus kann und will er nicht schönreden. Die Angst vor der Zukunft und die starken Schmerzen drückten ihn immer wieder in ein tiefes Loch. Aber Gott war an seiner Seite und begegnete ihm mehrere Male. So sah er im Gebet seinen Namen in goldener Schrift an der Decke stehen, und er wusste, er ist im Buch des Lebens eingeschrieben. Diese Tatsache liess Emil ruhig werden. Und auch als ihm sein Arzt sagte, dass er nicht mehr Autofahren noch arbeiten dürfe, blieb Emil ruhig und war sogar dankbar: «Gott hat mich bei der Post pensioniert. So darf ich jetzt für ihn in seinem Reich arbeiten und den Auftrag ausführen, den er mir gegeben hat: Den Menschen die frohe Botschaft weiterzugeben.» Diesen Auftrag versucht er seither mit Hanny ganz konkret im Alltag zu leben. Zum Beispiel kurz auf ein Hallo bei den Nachbarn vorbeigehen und einen heissen Kaffee mitbringen oder die Familie, die direkt unter ihnen wohnt, regelmässig zum Essen einladen. Einfach so aus Liebe. «Ich lebe, was ich glaube. Was bringt es, wenn du im Glauben bist und grosse Reden schwingst und selbst nicht lebst, was du erzählst?» Emil besucht seit vielen Jahren auch den RailHope Treffpunkt in Basel.

Mit Gott verbunden

Doch wie schon die Propheten von früher mit ihren Träumen und Zeugnissen bei ihren Mitmenschen aneckten, ist auch Emil davor nicht verschont geblieben: Ein Mann sagte mal zu ihm, dass er Emils «Zeugs» nicht wissen wolle, er käme am Sonntag in die Kirchgemeinde, um Gottes Wort zu hören. Doch Emil lässt sich davon nicht einschüchtern: «Wenn ich den Auftrag von Gott habe, mein Zeugnis weiterzugeben, dann tue ich das auch!»Das Evangelium jemandem aufzudrängen, liegt Emil aber fern. Er hat gemerkt, dass man nicht krampfhaft jemanden finden muss, dem man von Jesus erzählen kann. Das passiere auf ganz natürliche Art, wenn man mit Jesus durch den Tag geht. «Jemand, der an Gott glaubt, ist wie ein Zug. Er kann sich nur bewegen, wenn er am oberen Strom angeschlossen ist. Sonst kann er machen was er will, er bewegt sich nicht. Genauso verhält es sich im Glauben. Wenn wir ausgestreckt sind nach Gott, kommt der Strom runter zu uns und wir können losfahren auf den Gleisen, die Gott für uns gelegt hat.»

 

 

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