September 2021

HOFFNUNG BRINGT MICH WEITER!

 

«Wir brauchen etwas, das uns hoffen lässt, dass uns Trost gibt und Mut macht.»

 

Worauf kann ich in dieser sich verändernden Welt, in der so viel Not, Krieg und Unrecht an der Tagesordnung ist, tatsächlich meine «zuversichtliche, innerliche Ausrichtung» setzen? Lege ich denn überhaupt eine positive Erwartungshaltung an den Tag? Es sind so viele Fragen, die mich und vielleicht auch viele andere bewegen. Ich finde: Hoffnung bringt mich weiter. Sie gibt mir den Drang, auch morgen noch auf dieser Welt sein zu wollen, um letztlich zu erfahren, ob sich meine bisherigen Vorstellungen tatsächlich erfüllt haben oder erfüllen. Ausserdem macht Hoffnung Mut, motiviert mich zum Vorwärtsgehen und schenkt Vorfreude.

Kürzlich durfte ich dienstlich an einem hoffnungsvollen Einsatz dabei sein. Ein 40-Tonnen schwerer Mitropa-Wagen (Speisewagen der Deutschen Reichsbahn in der DDR) wurde mittels zwei Kränen von einem Transportfahrzeug an seinen künftigen Standort ganz in der Nähe von Güstrow in Mecklenburg (D) gehoben. An lediglich zwei Tragseilen befestigt, schwebte der Koloss hoch oben, um dann in der richtigen Position auf die vorbereiteten Gleise gesetzt zu werden. Welch eine große Hoffnung hatten die Besitzer bereits Monate zuvor, dass ihr Vorhaben gelingen wird. Wochenlang mussten sie auf Genehmigungen warten, bis es endlich so weit war. Und an dem besagten Tag, an dem der Waggon dann auf ihrem Gelände ankam, mussten sie hoffen, dass die Seile halten, dass die Berechnungen stimmten. Sie hatten schließlich viel Geld investiert, um künftig einen Anziehungspunkt mehr zu haben und Eisenbahn-Fans anzulocken. Was, wenn ihre Hoffnung durch irgendeinen Fehler zunichtegemacht werden würde? Als der Waggon endlich auf den Gleisen stand, mit einem Hemmschuh gesichert, atmeten alle auf. Das Vertrauen in die Fachleute und ihre Vorfreude wurden nicht enttäuscht. Sie hatten ihre Hoffnung für das Vorhaben in das richtige Unternehmen gesteckt!


Zappeln vor Zuversicht

Wie ist das in meinem Leben? Habe ich Hoffnung für mich, für meine persönliche Zukunft, für ein besseres Verhältnis zum garstigen Nachbarn? Oder kann ich hoffen, dass ich nach einer Krankheit wieder genese, dass ich trotz höher werdenden Alters noch lange fit bleibe? Habe ich dauernd eine zuversichtliche innerliche Ausrichtung mit einer Erwartungshaltung, dass etwas wünschenswertes eintreten wird, wie Hoffnung auch umschrieben wird? Dann müsste ich ständig hüpfen oder vor Erwartung springen. Das tue ich natürlich nicht. Aber es tut gut, zumindest innerlich in Bewegung zu bleiben, zu «zappeln» und überhaupt einen Blick über mein Heute hinaus zu wagen.


Rückblickend war alles gut

Wohin führt mich mein Weg? Was will ich noch erreichen? Worauf setze ich meine Hoffnung? Diese Fragen sind existenziell. Denn entscheidend ist, wofür ich einstehe und wer an meiner Seite ist. Ich bin dankbar, dass mir Gott die entscheidende Hilfestellung gibt, um hoffnungsvoll in die Zukunft zu sehen. Das hat er schon viele Jahre lang getan. Er war es, der meine Hoffnung nicht enttäuscht hat, als es um eine passende Ausbildungsstelle ging. Die eine, die ich damals gewollt hatte, bekam ich nicht. «Ihr Zeugnis ist gut, aber hier haben Sie eine Eintragung zur Mitgliedschaft in der Freien Deutschen Jugend (FDJ) vergessen», hieß es damals beim Vorstellungsgespräch. In der DDR, einer sozialistischen Diktatur, war man als Jugendlicher selbstverständlich Mitglied in der FDJ – dann standen einem alle Türen offen. Entschied man sich dagegen, brauchte es Mut, denn viele Berufsziele blieben einem verwehrt. Als Christ blieb mir nichts anderes übrig, als mich dagegen zu entscheiden, weil ich niemandem anderen als Gott selbst ein Gelöbnis ablegen wollte. Damals war ich wütend und traurig, dass meine Pläne so gar nicht umsetzbar waren. Ich musste einen Beruf lernen, den ich nicht wollte und fühlte mich am falschen Platz. Allerdings steht fest, dass im Rückblick gesehen, Gott es viel besser geführt hat, als ich es je für mich hätte erahnen können. Doch das gelingt mir eben erst jetzt – im Blick zurück. Solange der Weg noch vor mir liegt, zählen eben Hoffnung und Glaube. Der Glaube daran, dass Gott alles fest in seinen Händen hat und er weiß, was er mir zumuten kann und was mir zum Guten dient.

Das alles ist bis heute so, auch wenn nun viele Jahre an Erfahrungen und guten Erlebnissen hinter mir liegen. Meine Hoffnung ist täglich neu gefordert. Denn immer wieder neu muss ich mich explizit dafür entscheiden, meine Hoffnung auf Gott zu setzen und nicht auf Menschen, die meinen, den richtigen Weg genau zu kennen. Aber ich stelle auch fest: Meine Hoffnung ist in den Jahren größer geworden, sie ist gewachsen.


Was lässt mich persönlich hoffen?

Zum einen sind es natürlich genau die Erlebnisse, die mir keiner mehr nehmen kann. Das, was Gott mir und einer Familie in den Jahren geschenkt hat, wo er mich geführt und geleitet hat, ist tatsächlich tragfähig für den weiteren Weg – wie schwer er auch erscheinen mag. Es bringt mich auch jetzt aus tiefen Tälern, die da heißen: Zweifel oder Hinterfragen. Es ist wichtig, diese innerliche Ausrichtung in eine Richtung zu lenken, die Bestand hat. Wenn ich nur auf Unternehmungen, auf gemeinsame Feste und Feiern setze, dann werde ich unzufrieden, wenn das mal nicht möglich sein sollte – wie wir das während dem Corona-Lockdown erfahren mussten. Ich kenne auch Menschen, die hoffen, beim Kaufrausch Erfüllung zu finden. Doch nach einem «ergatterten Stück» folgt die Gier nach dem nächsten – eine endlose Spirale ohne Aussicht auf dauerhafte Zufriedenheit.


Begründet hoffen

Und gerade jetzt in der Corona-Pandemie wurde deutlich, wie vielen Menschen Hoffnung fehlt. Da ging ein Lied um die ganze Welt: «Zünde eine Kerze an, dein Licht der Hoffnung» hieß es da. Wir brauchen etwas, das uns hoffen lässt, das uns Trost gibt und Mut macht. Für mich steht fest, dass Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, auf den ich die Hoffnung meines Lebens setze, mir genau das schenkt, was ich brauche: Innere Zufriedenheit, Freude, Friede und vieles mehr. Manchmal ist das sicherlich auch das «Licht», was ich anderen sein kann. Denn ich weiß, dass ich bei Gott gut aufgehoben bin und er mein festes Fundament ist. Dieser Blick macht froh und schenkt Mut, auch schwierige Wegstrecken zu meistern.


Hoffnung über den Tod hinaus

Bei dem Wort «Hoffnung» kommt mir in den Sinn, was Paulus im Kolosserbrief 1,27 schreibt: «Christus lebt in euch! Darin liegt eure Hoffnung: Ihr werdet an seiner Herrlichkeit teilhaben.» Nur bei Gott gibt es nämlich Hoffnung auf das ewige Leben, Hoffnung über den Tod hinaus, der damit seinen Schrecken verliert. Gerade jetzt, wo ich viel mit Sterben und Tod zu tun habe, weil die Eltern alt werden, beschäftige ich mich immer häufiger damit. Wie viele Menschen sterben einsam, ohne dass es jemand in der Umgebung mitbekommt? Andere haben Angst davor, weil sie es nicht selbst bestimmen können oder weil sie nicht wissen, was danach kommt. Nicht zuletzt denke ich natürlich auch an den Namen des Herausgebers dieses Magazins: Rail-Hope. Der Name ist Programm: Hoffnung für die Menschen, die bei den Bahnen arbeiten. In der Hoffnung darauf, dass Gott mein Leben lenkt und leitet, kann ich dies alles getrost in seine Hände legen und darf ruhig werden. Das tut mir und meinem Leben gut und schenkt mir neue Hoffnung.

Dieses „Nachgedacht“ findest Du auch im RailHope Magazin 2/2021

 

 

Sieglinde Seidl

Sieglinde Seidl

Freie Journalistin

 

This is a unique website which will require a more modern browser to work! Please upgrade today!