RailHope im Gespräch
mit Kolleginnen und Kollegen.

BURNOUT –
WENN ALLES STILLSTEHT …

OLIVER ENGLER

Er ist initiativ, pragmatisch. Er hat viele Ideen. Er ist ein Macher und redet nicht nur, sondern stellt Neues auf die Beine. Und er weiß, wie es sich anfühlt, wenn plötzlich gar nichts mehr geht: Oliver Engler (54), studierter Ökonom und Leiter der «Fachstelle Öffentlicher Verkehr» des Kantons Appenzell Ausserrhoden, sah sich durch einen Burnout bis zum Stillstand ausgebremst. Er, der Aktive, der Anreißer, der auf vielen Hochzeiten Tanzende, musste umdenken und hat seine Lehren gezogen. Er sagt nun häufiger «Nein» und ist überzeugt: «Freundschaften sind echte Burnout-Prophylaxe.» Mit ihm sprach Urs Scherrer (re).

Oliver Engler, vor einiger Zeit hast du einen Burnout erlitten. Darüber hast du ein Buch geschrieben sowie eine theologische Masterarbeit. Woher kommt dein Drang, dieses Thema und deine persönlichen Erfahrungen öffentlich zu teilen?

Das Schreiben ist meine Art der Verarbeitung. So führe ich etwa auch ein Tagebuch über mein Leben. Sehr gerne rede ich mit Menschen über Tiefgreifendes. Wenn ich zuerst etwas von mir preisgebe, ist es oft einfacher, mit Menschen in gute Gespräche zu kommen. Es ist wertvoll, Erfahrungen miteinander zu teilen! Und beim Thema Burnout kann ein solches Gespräch andere vielleicht vor eigenen Fehlern bewahren.

Welche Fehler denn?

Ich habe bei den ersten Anzeichen eines Burnouts viel zu lange gewartet und nichts unternommen. Das führte schliesslich zum faktischen Stillstand meines Lebens.

Nach deiner Burnout-Erfahrung forderst du dazu auf, einen kritischen Blick auf das eigene Leben zu werfen. Wo soll man beginnen?

 Zum Beispiel mit der Frage: Wo gibt es Antreiber in meinen Leben, die ein Burnout begünstigen? Bei mir als sehr aktiven und initiativen Menschen ging es darum, mein Denkmuster «ich leiste, also bin ich» zu identifizieren und die dahinterliegenden Ängste zu erkennen. Dieser Prozess dauerte Jahre und musste zuerst vom Kopf ins Herz fallen. Dazu gehörte etwa die Erkenntnis: Mein Sein ist wichtiger als mein Tun. Oder: Es muss mehr Ruhe und Stille in mein Leben gelangen. Damit ich besser unterscheiden kann, was wirklich von mir gefordert ist und was nicht.

Welche Auswirkungen hatte dein Burnout auf deine Beziehungen?

Ich lebte in vielen guten Arbeitsbeziehungen. Im Beruf, aber auch etwa in meiner Kirche, wo ich in der Leitung aktiv war. An einem runden Geburtstag kamen viele Leute zu meinem Fest. Und obwohl es gute Beziehungen waren, waren es aber eben doch lediglich Arbeitsbeziehungen. Diese brachen in meinem Burnout weg. Und ich merkte: gute und freundschaftliche Arbeitsbeziehungen sind noch keine echten, tragfähigen Freundschaften.

Was waren deine Konsequenzen?

Ich habe zu Gott gebetet und mich gefragt: Was soll ich tun? Dann bin ich bewusst auf Menschen zugegangen, zu denen ich bereits ein gutes Verhältnis hatte. Ich habe mir Zeit genommen, Freundschaften aus diesen bereits guten Beziehungen aufzubauen. Und ich habe diesen Priorität gegeben. Heute sage ich: Freundschaftensind Burnout-Prophylaxe!

Wie hat sich diese Burnout-Erfahrung, aus der du mit Hilfe von aussen wieder herausgekommen bist, auf dein Leben ausgewirkt?

Ich bin weniger leistungsfähig als vorher, meine Kräfte sind nicht mehr dieselben. Früher habe ich viel mehr geleistet – dabei aber Substanz abgebaut. Ich setze bewusst Prioritäten. Mein Gottvertrauen ist grosser geworden. Wo ich mich engagiere, da tue ich das gelassener und mit weniger Verbissenheit als zuvor. Ich versuche, aus dem Hören auf Gott und auf mein Herz zu handeln. Es geht bei mir jetzt darum, zu erkennen, wo Gott offene Türen für mich vorbereitet hat. Und eine weitere Folge von dem Burnout: Ich bin heute barmherziger. Menschen, die ich früher nicht verstanden habe, bringe ich heute mehr Verständnis entgegen.

Was soll jemand deiner Erfahrung nach tun, der Anzeichen von Erschöpfung, Antriebslosigkeit, permanenter Müdigkeit an sich wahrnimmt?

Das muss man unbedingt ernst nehmen. Ich habe das zu Beginn zu wenig getan. Nicht einfach weitermachen wie bisher! Man sollte Hilfe in Anspruch nehmen, bevor es nur noch um das Wegraumen der Scherben geht.  Je früher man Hilfe sucht, desto kleiner ist die Gefahr, sehr tief zu fallen. Und der Weg hinaus aus dem Burnout ist vielleicht schneller zu bewältigen. Es ist hilfreich, möglichst früh die eigenen inneren und die äusseren Faktoren zu analysieren, die zur Erschöpfung führen. Es sind nie nur äussere Einflüsse, wie zum Beispiel eine konfliktreiche oder angespannte Situation am Arbeitsplatz. Sondern es gilt, auch die inneren Leitsätze und Denkmuster zu analysieren, die zusammen mit äusseren Faktoren zu einem Burnout beitragen können.

Du bist ein gläubiger Mensch. Ist es einfacher mit einem Burnout umzugehen wenn man an Gott glaubt?

Das ist nicht leicht zu beantworten. Weil einen ja auch Glaubenszweifel befallen können. Oder aus dem Glauben kann Druck kommen, der die Sache erschwert. Für mich war in der ganzen Geschichte aber wichtig zu wissen, dass Gott trotz allem bei mir war. So war der Glaube für mich sehr wichtig auf dem Weg aus dem Burnout hinaus. Manchmal muss man durch Wüstenzeiten gehen, um wieder zum Leben durchzudringen. Und im Ruckblick sind dies ja dann oft wertvolle Zeiten auf dem lebenslangen Weg zu mehr Reife und Demut.

Als Prasident des Benedikt BuchCafe mitten im St.Galler Klosterviertel lebst du deine ehrenamtliche Leidenschaft. Worum geht es euch da?

Als konfessionell unabhängiger Verein wollen wir in unserem Lokal mitten in der Stadt die Liebe Gottes bekannt machen. Einerseits durch unser christliches Buchersortiment, anderseits durch das kleine Café. Bei Kaffee und Kuchen sind hier tiefergehende Gespräche möglich – man kann sich hier aber auch ganz zwanglos treffen. Zudem bieten wir verschiedene Veranstaltungen an – wie zum Beispiel Kurse, die über den Glauben informieren und dazu einladen. Wir wollen Gott und den Menschen dienen. Wir sind keine Kirche, sind aber eng mit der evangelischen Allianz verbunden.

Oliver Engler, besten Dank für dieses Interview!


Das Interview führte Urs Scherrer

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