RailHope im Gespräch
mit Kolleginnen und Kollegen.

Gefangen
im Hamsterrad meiner Probleme …

Ein Interview mit John Hänni, Reisezugebgleiter bei der MOB, Liedermacher und Musiker

John Hanni (53) wachst als Sohn von Schweizer Entwicklungshelfern in Papua-Neuguinea auf. Seine Jugend verbringt er in der Weltstadt London. Allein in der Schweiz, gerat er in eine Lebenskrise. Später heiratet er und leitet ein Feriendorf im Berner Oberland. Seit vier Jahren arbeitet er als Reisezugbegleiter bei der Montreux-Berner-Oberland-Bahn (MOB). John war schon vieles in seinem Leben – schon immer aber war er Musiker!
Mit ihm sprach Lukas Buchm
üller.

John, du hast die ersten zwölf Jahre deines Lebens vorwiegend auf der Pazifikinsel Papua-Neuguinea verbracht. Wie kam es dazu und wie hast du deine Kindheit erlebt?

Ich wurde 1969 in Papua-Neuguinea geboren, weil meine Eltern dort als Entwicklungshelfer und Missionare tätig waren. Es war eine «wilde Kindheit», wie sie ein Kind in Europa kaum kennt: Ich lebte hauptsächlich draußen, spielte mit einheimischen Kindern und lernte schnell die Inselsprache Pidgin. Ich glitt in einem selbstgebauten Kanu durch gefährliche Flüsse, baute Stein schleudern und fing Schlangen, saß am Lagerfeuer und erlebte Stammesfehden hautnah mit. Ich besuchte öffentliche Schulen und lernte von Anfang an Englisch.

Das klingt fast paradiesisch. Gab es in deiner Kindheit auch Schattenseiten?

O ja! Durch die unterschiedlichen Einsatzorte meiner Eltern lebte ich insgesamt in sieben Pflegefamilien und fühlte mich oft einsam. Auch musste ich immer wieder die Schule wechseln und neu beginnen.

Wie hat dich deine Kindheit im Rückblick geprägt?

Ich bin meinen Eltern dankbar, dass ich in Papua-Neuguinea aufwachsen durfte. Ich habe gelernt, einfach zu leben und mit wenig zufrieden zu sein. Ich liebe es bis heute, unterwegs zu sein und auf Menschen zuzugehen. Ich fühle mich als «Multikultimensch » und Brückenbauer. Ich lernte spielend verschiedene Sprachen und die Liebe zur Musik wuchs in meiner Kindheit. Neben unzähligen unbeschwerten Tagen gab es aber auch durchweinte Nächte und tief empfundene Einsamkeit. In meinem Buch Meine wilde Kindheit habe ich die Sonnen- und Schattenseiten meiner ersten zwölf Lebensjahre aufgearbeitet und mich mit meiner Kindheit versöhnt.

Wo hast du deine Jugendzeit verbracht?

Als ich 13 war, nahmen meine Eltern ganz unerwartet eine neue Stelle in London an. Ich kam also vom Dschungel direkt in die Weltstadt und der Beginn war natürlich ein Schock! Ich war aber bald positiv überrascht von den großen Parks, dem tollen Fachunterricht an meiner Schule und den stolzen Londoner Fußballclubs. Dass Menschen nirgends einsamer sein können als in einer Großstadt, wurde mir in London jedoch schnell bewusst.

Nach dem Abschluss der obligatorischen Schulzeit zog es dich in die Schweiz

Ja, ich kam als 17-Jähriger allein mit zwei Koffern und einem Fahrrad nach Worb bei Bern und begann eine Schreinerlehre. Das ging eigentlich erstaunlich gut, bis ich kurz vor Ende der Ausbildung feststellen musste, dass mir der Fallschirm fehlte …

Das musst du uns erklären!

Ich hatte die ersten 20 Jahre meines Lebens an Gott geglaubt, weil ich es so gelehrt wurde. Ich lebte religiös, sang im Kirchenchor. Doch dann merkte ich, dass mein Glaube mich nicht trug, dass er in erster Linie Tradition war. Ich fühlte mich wie ein Fallschirmspringer, der aus dem Flugzeug springen soll – und dem der Fallschirm fehlt! Ich bekam Angstzustände. Das Gefühl, nicht zu genügen, nagte an mir. Ich war gefangen im Hamsterrad meiner Probleme, drehte mich um mich selbst. Da wurde mir an einem Musikseminar in Thun plötzlich etwas

Wunderbares klar: Gott hat gute Pläne mit mir! Er gab sein Bestes für mich: Seinen Sohn Jesus. ER ist mein Fallschirm. Religion hieß für mich Leistung: «Tu!» – Jesus sagt: «Ich habe es getan!» Mein Fokus veränderte sich

vom drohenden Abgrund hin zum großzügigen Gott. In der Bibel gibt es eine Stelle, die meinen Wandel spiegelt: «Das ganze Ausmaß der göttlichen Liebe zeigt sich darin, dass wir dem Tag des Gerichts ohne Angst entgegen gehen können.» (1. Johannes 4,17). Das war der Wendepunkt in meinem Leben, denn ich merkte:Wer Angst hat vor dem Gericht, hat die Liebe und Errettung von Jesus noch nicht richtig erkannt.

Du hast die Liebe zur Musik schon angesprochen. Inwiefern prägt sie dein Leben?

Ich spielte mit fünf Jahren auf dem Harmonium meines Vaters, lernte mit sechs Blockflöte, mit sieben Gitarre und mit elf Klavier. Die Musik ist das Medium, durch das ich mein Leben hauptsächlich reflektiere. Nach dem  «Fallschirm-Erlebnis» spielte ich in verschiedenen Bands und später auch solo. Meine Lieder haben Tiefgang.  Sie wollen Trost spenden und geben den Armen und Einsamen eine Stimme. Dabei verarbeite ich natürlich viele Eindrücke aus meinem Leben. Mein Hauptanliegen ist es, durch meine Musik Menschen auf der ganzen Welt zu ermutigen. Deshalb bin ich auch auf diversen Social Media-Plattformen aktiv und pflege Kontakte auf allen Kontinenten. Eine Frau aus Kiew schrieb mir kürzlich, wie sehr ihr meine Musik Kraft gebe. – This is why I sing!

 Nun fehlen aber noch über 30 Lebensjahre

 Tja, ich arbeitete also einige Jahre als Schreiner und heiratete ein wunderbares Berner Mädchen. Gemeinsam übernahmen wir die Leitung eines Feriendorfes im Simmental (Berner Oberland). Dort konnte ich während 20 Jahren jede Woche ein Konzert geben und so meine musikalische Berufung leben. Meiner Frau Monika und mir wurden zwei wunderbare Söhne geschenkt, die heute erwachsen sind. In diese Zeit fallen auch diverse CD Produktionen und Auftritte an verschiedensten Events. Ein Höhepunkt war die Teilnahme am Vorprojekt zum European Song Contest 2014, wo ich mit meinem bis heute zentralen Song Travelling On My Own eine gewisse Bekanntheit erlangte. In diesem Lied singe ich von der Hoffnung für Einsame: «I will never walk alone, no matter where I’m coming from. Cause you’re there to guide me on, in you I found my true home.» Ich singe diese Zeilen von ganzem Herzen, weil ich selbst oft einsam war.

John, ich wurde dich wohl kaum interviewen, wenn du mit Bahnen nichts am Hut hättest

Die Zeit im Feriendorf ging für uns wegen großer Baupläne zu Ende. Da konnte ich 2018 ganz unverhofft eine Ausbildung zum Reisezugbegleiter bei der MOB (Montreux – Berner Oberland – Bahn) machen. Nun reise ich als Gastgeber in den Zügen durch die wunderbare Landschaft zwischen Montreux und Zweisimmen. Ich begrüße meine Fahrgäste herzlich, helfe ihnen beim Einsteigen, gebe ihnen wertvolle Informationen zur Strecke, kontrolliere ihre Fahrausweise und gehe auf allerlei Anliegen ein. Ich habe also im Feriendorf einen Gastgeber-Job aufgegeben und bei der MOB einen ebensolchen gefunden! Es macht mir Freude, die Menschen auf einem Wegstück zu begleiten und meine Vielsprachigkeit anzuwenden. Da ich bei der MOB 80% arbeite, bleibt mir genügend Zeit für meine Musikprojekte. Doch – egal, ob ich im Zug unterwegs bin oder auf einer Bühne stehe: Ich bin John, will echt, ich selbst sein, Worte und Taten sollen übereinstimmen.

Mit meinem Leben will ich Trost spenden, Ermutigung aussprechen und auf den König der Könige hinweisen, der für alle, die es wollen, den göttlichen Fallschirm bereit hält.

John, herzlichen Dank für den ungefärbten Einblick in deine Lebensgeschichte


Das Interview führte Urs Scherrer

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