Stephan Brodmann
Psychoterror – Schwere Last auf schmalen Schultern

Menschen, welche von einer Narzisstischen Persönlichkeitsstörung (NPS) gezeichnet sind,  terrorisieren oft geschickt und verdeckt vor allem ihr familiäres Umfeld. Stephan Brodmann (34) erzählt, wie er die Gefängnismauern der Manipulation und der Angst, aufgebaut durch seine psychisch kranke Mutter, erst mit 21 Jahren durchbrechen konnte.


 

 

Als ich 9-jährig war, liessen sich meine Eltern scheiden. So wohnte ich fortan ohne Vater mit meiner älteren Schwester und meinem jüngeren Bruder bei meiner Mutter in Illnau-Effretikon. Zunehmend diktierte und kontrollierte sie mein Leben. Jemanden aus der Schule einladen oder besuchen war mir verboten.

Bei anhaltender trockener Witterung musste ich Gummistiefel tragen, denn jede Form von Schmutz brachte meine Mutter in Rage.

Auch durfte ich eigentlich nie krank sein. Wenn meine Mutter trotz meiner Vertuschungsversuche herausfand, dass ich krank war, wurde sie zornig und lachte mich aus. In der Schule wurde ich so zum gern gemobbten Aussenseiter.

Schutzlos ausgeliefert

Nach der Scheidung hatte meine Mutter psychische Probleme. Der damalige Diakon der reformierten Kirche Illnau-Effretikon war bekennender Christ und führte sie zum Glauben an Jesus Christus. So weit Sie es zuliess, begleitete er sie auch seelsorgerlich. Mit der Zeit bekam meine Mutter das Bedürfnis ihre eigene schwere Kindheit psychologisch aufzuarbeiten. Sie fand eine Psychiaterin, welche sie jedoch doch nur mit Medikamenten abfüllte. Fortan ging es mit ihr nur noch bergab!

Meine Schwester, die viele Jahre unter psychischer und physischer Gewalt meiner Mutter leiden musste, konnte 1998 nach Abschluss der Schule mit Hilfe unseres Vaters von zu Hause fliehen.

Von da an waren mein Bruder und ich unserer Mutter schutzlos ausgeliefert!

Mit der Zeit entfernte sie sich von der christlichen Gemeinschaft und dem Glauben, indem sie mit allen Streit suchte und die Leute verleumdete. In der Zwischenzeit war bei meinem Bruder und mir aber ein festes Fundament des Glaubens gelegt. Mein Bruder und ich erkämpften uns das Recht, wenigstens zu zweit die Gottesdienste der reformierten Kirche zu besuchen. Aber immer wenn der Gottesdienst zu Ende war, kam ein gehässiger Anruf meiner Mutter, dass ich jetzt endlich nach Hause kommen solle und fertig geheuchelt sei.


Am Gleis abholen

Der Kontakt mit meinem Vater und seiner Familie war mir verboten. Ich war für den gesamten Haushalt zuständig und wenn meine Mutter nicht wollte, dass ich zur Schule ging, dann musste ich eben schwänzen. Neben Schule und Hausaufgaben, kamen also noch putzen, waschen, einkaufen dazu.

Zu essen gab es jahrelang nur Brot, Joghurt, Aufschnitt und Käse, da beim Kochen die Küche hätte schmutzig werden können. Auch zu trinken gab es fast nichts: pro Mahlzeit bekam ich 2 dl, am Tag also knapp einen Liter.

Zum Glück gab es den Wasserhahn im WC der Schule. Auch die Körperpflege war rationiert, denn wir hatten nur ein Mal in der Woche die Erlaubnis zu duschen, da das Badezimmer ansonsten hätte mehr verschmutzt werden können, als es in den Augen meiner Mutter nötig war. Sie lag nur im Bett und lies sich von uns pflegen und bedienen. Ich musste ihr Essen und Trinken, aber auch Zahnbürste und Zahnpasta ans Bett bringen und auch wieder abholen. Seitdem Handys bei uns Einzug hielten, kam es einige Male vor, dass sie nachts aus dem Haus ans Bahngleis ging und mich dann anrief, dass sie sich jetzt vor den Zug werfe. Mein Bruder und ich mussten sie dann jeweils dort am Gleis abholen.

Worte die prägen

Es gibt einen Satz von ihr, den ich nie vergessen werde:

“Du bisch nüt, du chasch nüt und us dir wird nüt!”

Das hat sie mir so oft gesagt, dass ich das zu glauben begann. Ebenfalls effektiv und sehr schmerzhaft waren die Anrufe mit weinerlicher Stimme bei der Psychiaterin, nachdem sie mich grundlos “zusammengeschissen” hatte. Sie beschwerte sich dann darüber, wie faul und frech er sei und wie sehr sie unter mir zu leiden habe. Gerne und genüsslich zog sie über meinen Glauben her und machte sich darüber lustig. Trotzdem war es genau das, was mich am Leben hielt. Denn während diese Demütigungen erlebte ich immer den Herrn Jesus mit seinem Beistand und Trost ganz besonders. Er liess mich das Ganze nicht alleine durchmachen. Nein, ich konnte immer seine Nähe spüren. Trotz dem ganzen Hass, welcher wie riesige Wellen an mich peitschte spürte ich seinen Frieden und seine Liebe.

Der Gipfel ihres destruktiven Verhaltens wurde erreicht, wenn Einladungen von meinem Vater per Post kamen. Unter Tränen und Genugtuung meiner Mutter, musste ich meinen Vater anrufen und seine Einladung ablehnen, mit der Begründung, dass ich ihn nicht sehen wolle …

Widerstand zwecklos

Da meine Mutter mich und meinen Bruder geschickt verleumdete, sahen wir keinen Ausweg aus diesem Gefängnis! Das Netz ihrer Lügen und Manipulation, der Androhung sich das Leben zu nehmen und Kontakte nach Aussen möglichst zu isolieren, gab mir das Gefühl, dass jeglicher Widerstand zwecklos wäre. Denn jeder wusste ja, wie «böse» ich bin, und an wen sollte ich mich wenden, wenn ich niemanden habe? Aber trotzdem: ich wusste, dass es mit Jesus irgendwann irgendeinen Ausweg geben würde. Das war meine Zuversicht und ich vertraute ihm voll und ganz! An einem Nachmittag im Frühling 2006 ging meine Mutter alleine zu ihrer Psychiaterin und so hatte ich einmal ein paar Stunden frei. Ich weiss nicht mehr warum, aber ich verabredete mich Heimlich mit meiner Schwester in Winterthur. Ich freute mich, sie endlich mal wieder zu sehen. Bei diesem Treffen bat sie mich eindringlich von der Mutter zu fliehen. Ich sähe nicht gut aus und mein Vater würde mich bei sich aufnehmen – alles Notwendige sei vorbereitet. Ich konnte das kaum glauben, den über all die Jahre wurde mir eingetrichtert, dass mein Vater nichts mehr von mir wissen wollen würde. Trotzdem trafen mich diese Worte tief in meinem Herzen. Ich wusste: wenn das wahr wäre, dann läge der Ball nun bei mir.

Tag der Entscheidung

Es war Donnerstag, der 18. Mai 2006. Ich arbeitete damals in einem Zoo-Fachgeschäft in Zürich.

Schon am Morgen rief meine Mutter mehrmals im Geschäft an und drohte mir den Diakon der ref. Kirche, welcher angeblich “alles über uns wusste” und mich auf ihren Befehl hin zusammenschlagen dürfte.

Ich wusste, dass jetzt etwas geschehen musste – aber wie? Wie an jedem Feierabend lief ich mit einem Arbeitskollegen zum Bahnhof. In meiner Panik vertraute ich mich ihm an und erzählte ihm alles – auch  vom Treffen mit meiner Schwester. Er ermutigte mich, sofort mit meinem Vater Kontakt aufzunehmen und wenn ich dort nicht bleiben könne, dann solle ich zu ihm kommen. So hätte ich wenigstens eine Rückfallebene falls es hart auf hart kommen würde. In Effretikon angekommen, rief ich meinen Vater an – musste aber darauf achten, dass es meine Mutter garantiert nicht sehen konnte. Denn der normale Heimweg war praktisch vollständig in ihrem Blickfeld. Als ich nach so langer Zeit seine Stimme hörte, die erstaunt nach mir fragte, konnte ich nur noch weinen. Ich heulte wie ein Schlosshund, mitten zwischen all den Reisenden die um mich herum auf den Bus warteten. Nach einer Weile unterbrach mich mein Vater und sagte: «Stephan, ich weiss was du zu Hause alles durchmachen musst. Nimm den nächsten Zug und komm zu mir nach Hinwil.» Es war wie ein Befreiungsschlag! Nie hätte ich geglaubt, dass es so einfach geht.

Volle Unterstützung

Nach dem Telefonat mit meinem Vater nahm ich all meinen Mut zusammen und rief meine Mutter an um ihr zu sagen, dass es vorbei ist. Sie hat natürlich schon längst begriffen, dass etwas nicht stimmt, da ich nicht wie vorgeschrieben nach Hause kam. Sie hatte natürlich schon vorgesorgt und den Diakon zu uns bestellt. Dieser musste ja immer kommen, wenn wir Kinder so «schlimm» waren. So kam dann schlussendlich der Diakon ans Telefon, welchem ich alles berichtete, was ich meinem Vater erzählen wollte. Nachdem er seine Sprache wieder fand, sicherte er mir sofort seine volle Unterstützung zu. Am nächsten Arbeitstag informierte ich meinen Chef über die Situation mit meiner Mutter. Dieser war bereits früh morgens von meiner Mutter angerufen und aufgefordert worden, mir zu kündigen, weil ich für das Geschäft nicht mehr tragbar sein … Mein Chef war sehr überrascht und auch von ihm erhielt ich volle Unterstützung.

Einige Tage später holten mein Bruder und ich zusammen mit meinem Vater unsere Sachen von zu Hause. Meine Mutter war betrunken und ausser vor sich vor Wut. Während wir unsere Habseligkeiten packten, war sie äusserst aggresiv und wollte dies auch mit ihren Fäusten zum Ausdruck bringen.

Nur unter unserer Androhung die Polizei zu rufen, liess sie von uns ab.

Als die letzten Sachen zusammengepackt waren und wir reisefertig unter der Wohnungstür standen, brach sie in Tränen aus. Erst jetzt realisierte sie, dass es definitiv vorbei war.

Neu leben lernen

Die ersten Jahre musste ich regelrecht neu leben lernen, ohne ständig unterdrückt, erniedrigt und gefangen gehalten zu werden. Gott hat für meine Rettung und Befreiung Menschen gebraucht die ihn nicht kannten. 2009 fand ich in der Freikirche Chrischona-Hinwil eine neue “geistliche Heimat” und Freude. Mit ihnen konnte ich meine Vergangenheit aufarbeiten, überwinden und darüber reden. Ich fand offene Ohren und es wurde für mich gebetet. Das tat meiner wunden Seele so gut!

Gott hat meine seelischen Verletzungen geheilt. Ich konnte meiner Mutter vollumfänglich vergeben und habe sie lieb, denn dank ihr darf ich auf dieser Welt sein.

Der Umgang mit ihr ist allerdings recht schwierig geblieben. Ich muss ihr bis heute immer wieder klare Grenzen setzen. Im Januar 2011 lernte ich meine Frau Rosalie bei einer christlichen Single-Plattform kennen. Kurz darauf heirateten wir und haben heute zwei Kinder (6 und 4 Jahre). Rosalie ist SBB Kundenbegleiterin. 2017 durfte ich die Ausbildung zum Lokführer beginnen, welche ich vor einem Jahr erfolgreich abgeschlossen habe.

Autor: Stefan Brodman


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